Die römische Kunst der Völlerei

Die Republik Rom, selbsternannte Weltbeherrscherin, zeichnete sich anfangs durch Genügsamkeit aus.
Mit dem Prunk ihrer späteren Jahre trat auch die Dekadenz der Schmausereien ein. Riesenmäßig wie in Allem, erstrahlten die Römer auch im Übermut ihrer Schwelgerei. Aus den unterjochten Ländern strömten mit den sonstigen Schätzen die Leckerbissen frei Haus zu ihnen. Unbeschreiblich groß dehnten sich die Garumbehälter an den Küsten aus, weite Tiergehege bewahrten das seltenste und kostbarste Geflügel. Die Pfauen entfalteten ihr schimmerndes Gefieder zunächst zur Augenlust, später wurden sie geschlachtet und nur ihre Zunge genossen. Umsonst wurden die widrigen Gestalten zahlloser Meerbewohner, schlangenähnliche Muränen, hässliche Meernesseln, Lazarusklappen, eklige Gienmuscheln, schleimige Austern, der See entrissen und mehr zum Zeitvertreib als zum Genuss ihrer Herren hergerichtet. Denn diese Gaumenlüstlinge liebten nur das Zarteste, das ekelhaft Weichliche. ehe M. Ausridius Lurco das Mästen der Pfauen erfand, galt eine Schüssel mit jungen Hunden, die gerade noch an der Mutter gesogen hatten, für die Krone der Tafel.

Alle zum Essen bestimmte Tiere wurden künstlich gemästet. Da den Römern die Butter völlig unbekannt war, musste das zum Braten bestimmte für sich allein fett genug sein, und in seinem eigenen Fett schwimmen. Außerdem kochte man, wie noch heute in Italien, in Öl. Da natürliches Fett den Vorzug hatte, war ihnen auch das Schweinefleisch das Liebste. Es konnte auf die verschiedenste Weisen zubereitet werden, und weil nur die weichsten Partien als delikat galten, aßen auch bloß die unteren stände die Schinken.
Oft wurden ganze Schweine auf einmal gebraten und bei einem Gastmahl des Antonius für die schöne Königin Cleopatra, schmorten sogar mehrere Dutzend an den Spießen. Jedes wurde um eine halbe Stunde versetzt angesteckt, um im Augenblick des Servierens das auswählen zu können, welches gerade auf dem Garpunkt war.

Ein gebratenes Schwein, dessen Leib mit vielen anderen kleineren Braten gefüllt serviert wurde, nannte man „trojanisch“ und es bildete das Hauptstück einer prunkvollen Mahlzeit. Eine solche vollkommene altrömische Mahlzeit bestand aus Vor-, Mittel- und Nachkost. Die Vorkost diente bloß zur Schärfung des Appetites und bestand aus kalten Schüsseln, Austern, marinierten Fischen und Gerichten, die wir heute Salate nennen. Man trank Met und scharfe magenreizende Weine dazu.

Die wirkliche Küchenschlacht folgte auf dieses Vorgefecht. Hierzu wurde Gebratenes und Gesottenes aller Art zusammengesetzt, wobei immer eine Schüssel von Schweinen oder einer ganz neuen Erfindung sein musste. War die Völlerei vorüber, erschienen Sklaven um das Schlachtfeld zu reinigen, d. h. die Schüsseln abzutragen und das Dessert, bestehend aus Obst, Backwerk und Konfitüren, aufzutragen.

Nicht unerwähnt bleiben soll ein Hinweis auf die ungeheuren Summen, die zu den köstlichen Festen verschwendet wurden. Ein Schauspieler bot seinen Gästen eine Schüssel mit Sing- und Sprechvögeln, von denen jeder 600 Fr. gekostet hatte. Alles zusammen kam auf 10,000 Fr., weil man das Seltenste und folglich Teuerste vorzog, nur um damit zu prunken. Nicht genug damit, die köstlichsten Erzeugnisse des Tier- und Pflanzenreichs aus den entferntesten Landstrichen herbei zu schaffen, übten die Römer auch noch die unmenschlichste Grausamkeit aus, um eingebildete Leckerbissen zu gewinnen.

Zum Bereiten der Confituren verwandten sie Honig. Frankreich, die Hauptfabrik für diese süße Ware, wusste natürlich in seiner früheren Periode wenig davon. Die raffinierte Kochkunst bürgerte sich aus Italien ein, in Klöstern geborgen. Unter Heinrich III. war sie bereits in staunenswerter Entfaltung. Pasteten, Torten, Crêmes, feine Salate auf Emailschüsseln, die in kleine Fächer zum bessern Aufputz geteilt waren, die pikantesten Fleischkompositionen u. s. w. füllten schon damals die Tafeln der Großen, welche denen des berühmten römischen Feinschmeckers Lucullus nur hinsichtlich der Quantität, nicht der Qualität, nachstanden.

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